Jansen, Erich

(1897, Stadtlohn – 1968, Stadtlohn)

 

Über  Erich Jansen:

Erich Jansen (1897–1968) lebte in Stadtlohn (Westfalen) als Apotheker und Lyriker. Für sein Werk erhielt er die Ehrengabe der Bayerischen Akademie der schönen Künste in München.

Werkausgabe

Jansen, Erich

Die nie gezeigten Zimmer

Grenzstadt in der Dämmerung
Ich sah die Toten

in ihren Blechgewändern

von den Türmen

herabsteigen.

Ich hörte die Glocken,

gelb, aus Abendmessing

und Fledermausangst,

und die Häuser

bewegten sich nicht.

Und der Bischof vom Platz

verzeichnete alles

in den Annalen.													  			
                                                    

Jansen, Erich

Die Tochter des Glasbild-Fabrikanten

Gedichte und Fotos aus Linnich um 1900

Hrsg. von Adrian Krug
Die Texte haben einen Bezug zur Stadt Linnich und der dort beheimateten Familie der ‘Glasfabrik’.
Der vorliegende Band wird ergänzt durch historische Fotographien der Stadt und der Familie Oidtmann, den ‘Glasfabrikanten’. Aus ihrem privaten Familienalbum ist auch die hier vorliegende Abbildung entnommen.

29 S., Fadenheftung, Klappenbroschur, 2021

ISBN 978-3-89086-305-4
Weitere Informationen
Die Tochter des Glasbild-Fabrikanten
Immer in der Nacht,

wenn sie in weißer Seide

über das mondne

Katzenkopfpflaster des Innenhofs

schreitet und

alle Uhren im Hause verstummen,

ziehen dreißig Künstler

ihre schwarzen Tellerhüte

und malen ihr Bild

in die Madonnen ihrer Glasfenster;

breitwangig,

mit dem Duft hellweißer Oblaten;

die Augen aber,

in Malvenwasser gebadet,

innen ganz blau,

und die Arme malen sie

rund, französisch kalt,

wie auch die Nächte sind,

wenn sie im weißen Kleid

den Innenhof durchschreitet

und zurückschaut.

Sie sieht nicht,

wie am Apfelbaum

das violette Blut entlangläuft													  			
                                                    

Jansen, Erich

LTB 001 - Aus den Briefen eines Königs

Abend

Am Abend, wenn die Dunkelheit / betroffen an der Mauer lehnt, / die Männer treten / aus den Häusern. / Wie späte Stallaternen knistern dann / schwarzgelbe Glühdrahtbirnen. / Der Männer Stimme ist / johannisbraun. / Im Mund der Mädchen / Violinen sind, / Musik / wie dunkles Glas, / darin ein Lied / verbrannter Rosen.

Jansen, Erich

Osiris. Zeitschrift für Literatur und Kunst. Heft 03/04. 1997

"Er [Erich Jansen] war gradezu auf der Suche nach 'starken Metaphern'. Von daher steht seine poetische Sprache in auffälliger Analogie zur 'naiven' Malerei wie sie in Henri Rousseau ihren Ursprung hat, bei Chagall ihre Fortsetzung und in Deutschland zuletzt von Schröder-Sonnenstern praktiziert wurde. In diesem Sinne sind die Gedichte Jansens keine lyrischen Stimmungsbilder, sondern märchenhaft phantastische Miniaturen beispielsweise von Landschaften (das enge Westfalen, Rheinland oder gar das weite Rußland) oder Dichtern (Jessenin, Rimbaud, die Droste), Schauspielerinnen (Marina Vlady, Grace Kelly) oder einfach nur 13jährigen Mädchen."

-Bernhard Albers, Aus dem Vorwort

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Aus dem Inhalt:
Vorwort
Die grüne Stunde. (1937) Die Strohblumen
Skurrilia. [Erzählungen] (1950) Die Chinafahrt des alten Eisennagels
Michael Orsenjew. Eine Legende (1956) Textauszug
Die Galerie. [Gedichte] (1956) Auf ein Bild von Matisse / Regenschauer / Die Nacht / Die Tänzerin / Nachtrose / Tante Settchen und die Nachtlibelle / Der Messingmond / Grüne Mirabelle / Das Rosenkind / Die Erzürnte / Der große Stanislaus
Der Schildpattkamm. (1959) Der alte Mann / Melancholie / Der Mondfisch / Sommernacht / Sticke Violett in gelbe Seide / Aurora / Arkadien / Die gute alte Zeit / Interieur / Tante Settchens Tod und Wandlung / Die Tränenspule / Korallenmond / Der Schwan
Aus den Briefen eines Königs. Gedichte (1963) Aus den Briefen eines Königs / Landprozession 1905 / Abend in Linnich / Die Tochter des Glasbild-Fabrikanten / Grenzstadt in der Dämmerung / Der rote Pfahl / Der grüne Ysop / Traum in Norwegen / Die Diva / Judena / Julia / Trance / Straßburg / Nancy / Annettes Kutsche
Die nie gezeigten Zimmer. Lyrik und Prosa (1968) Die Augen der Marina Vlady / In Betrachtung eines alten Prozessionsbildes / Abend / Abend in Linnich / Die Polka der Nonnen / Erinnerung an Kopenhagen / Ysop und Engel / Die Diva / Judena / Marina / Trance / Magnolienblüte / Dekoration des Dichters / Fischotterdame / Delila / Arthur Rimbaud aus Charleville / Der Rebell / Mit Zwanzig kannte ich die Welt (Sequenz mit Fotos)
Unveröffentlichte Gedichte Über dem Tischchen im Schlafzimmer / Die Frau des Konsuls / Moskau 1580
Rezeption Otto Königsberge[r]: Das Unbekannte verrät sich der Stille. Johannes Bobrowski: Brief an Erich Jansen. Eckart Kleßmann: Das kleine Fenster. Dieter Hoffmann: Apotheker als Dichter. Jürgen P. Wallmann: Naiver Charme, verspielte Phantastik.
Begegnungen Hans Bender: Erich Jansen hieß er, von Beruf Apotheker. Aus dem Briefwechsel mit Hans Bender. Dieter Hoffmann: Ungestillte Sehnsucht nach dem Engel. Else Jansen an Dieter Hoffmann. Gerhard Neumann: Das Glas Wasser für einen «Geheimtip». Wulf Kirsten: epistel für Erich Jansen. Wulf Kirsten: Fußnote zu der «epistel für Erich Jansen».
Bibliographie Walter Gödden / Iris Nölle-Hornkamp