LTB 030 – Leuchtende Bilder. Illuminations

Nachdem im 1990 veröffentlichten ersten Band («Charaktere, Gestalten») insbesondere das revolutionäre Menschenbild untersucht wurde, konzentriert sich dieser davon unabhängige zweite stärker auf den illusionslosen Charakter der Büchnerschen Darstellung der Wirklichkeit.
Erich Arendts Gedichtzyklus «Tolú», zuerst veröffentlicht in seinem Band «Trug doch die Nacht den Albatros», Berlin 1951, der eine Bilanz seines Schaffens im Exil zieht, verzeichnet die Jahre von 1948 bis 1950 als Entstehungszeit der Gedichte. Ein Manuskript dazu liegt uns nicht vor.
Sicher hatte er die meisten der Verse oder ihre Entwürfe im Gepäck, als er 1950 aus Kolumbien heimkehrte und in Ostberlin seinen Wohnsitz nahm, an den Wänden die Bilder des Malers Wiedemann, mit dem er in der Emigration in Bogotá befreundet war; Gemälde in den kräftigen, ausschweifenden Farben tropischer Urwaldlandschaft und ihrer Bewohner, «den leisen Indios der Höhen und den elementareren Negern der Stromtäler und Küstenstriche … die Sinne überwältigend … steht Tolú, das Fischer- und Reisbauerndorf an der Moroquillobucht, für den ganzen Tropenbereich, seine Menschen und ihr Leben».
«Wenn es in der spanischen Sprache einen Dichter gibt, dem Geschichte Wahl und Schicksal gleichzeitig war, eine Leidenschaft, an der man teilhat und die man weitergibt, so war César Vallejo dieser Dichter. Der Peruaner richtet nicht; ebenso wie Whitman nimmt er teil, allerdings umgekehrt: er ist nicht Kläger, sondern Opfer.»
Mit diesem 2. Band ist die Werkausgabe der ersten deutschen Übersetzung der Lyrik José Gorostizas abgeschlossen.
Nichts ist weniger unschuldig als Gorostizas Jugendlieder, die von einer naiven Kritik als eine instinktive Antwort seiner Sensibilität auf die Herausforderungen der Welt gedeutet wurden. Instinktiv oder auch nicht – und ich glaube vor allem an den Instinkt des Dichters, ein Instinkt, der die Erfahrung bereits in sich trägt – ist Gorostizas Jugendwerk nicht weniger komplex als sein Spätwerk. Die Vieldeutigkeit seiner ersten Gedichte unterscheidet sich in nichts von der seines Buches «Muerte sin fin» [«Endloser Tod»]: es handelt sich um dieselbe bestürzende Transparenz. Sie gewährt uns einen Blick auf das, was sich auf der anderen Seite des Spiegels befindet: der Tod, der sich in uns betrachtet.
1993 in Münster