LTB 016 – Bergwindballade

Memento und Bild

Erinnerung als Mahnung in den Vers, Erlebt-Erfahrenes ins Bild zu bringen, das besagt schon der sachlich-spröde Titel von diesem Gedichtband Erich Arendts, entstanden in den Jahren 1967 bis 1976.
Arendt teilte sich schon von ersten Versentwürfen gern einem Adressaten mit, Zustimmung oder Zweifel herausfordernd, auf Einspruch geradezu erpicht, eigene Gewißheit oder Bedenken schon von Beginn an ins Gespräch, in Disput zu bringen, um das Gedicht zu der Gestalt voranzutreiben, die er gelten ließ – jedenfalls bis zum Zeitpunkt des Drucks.

Gerhard Wolf

LTB 020 – Zeitsaum

Augenblicksblind /
du liegst /
unterm Schafott: /

Die gläsernen /
Handschuh! /
Das Nickel! /

Blutätherisch /

du liegst /

und die Weltnadel tickt /

Unterwasserlichtig /
am Zeitsaum /
du /

erreichst dich nicht mehr, /
die Tiefe ist /
außen … /

weltnadelfern

LTB 033 – entgrenzen

Erich Arendt hat seinen letzten Gedichtband 1981, nur drei Jahre vor seinem Tod, ‘entgrenzen’ genannt und man kann das Wort als die umfassende, große Metapher für sein Dasein und Dichten nehmen. Wort, Begriff, Vision, wie man nun will, Begrenzungen des Ortes, der Zeit und der Lebensumstände, günstige wie widrige, zu durchbrechen; Kreuzpunkte zu spüren, zu erkennen, andere Wege zu gehen als alle anderen, Gegebenes nicht hinzunehmen, nicht dieses verflixte Gebundensein auch an das einmal gefundene Wort, selbst den geglückten Vers entgrenzen.

Gerhard Wolf

Jugend. Fragment einer Autobiographie

Moses Rosenkranz kam zur Welt im Jahr 1904 in Berhometh am Pruth, einem kleinen Dorf im Norden der Bukowina. Diese war damals noch ein Kronland der Habsburgermonarchie, mit einem bunten Völkergemisch von Ruthenen, Polen, Rumänen, Deutschen und Magyaren. Im Osten grenzte sie an das Zarenreich. Die Eltern waren Bauern; er wuchs heran als siebtes von neun Kindern.

Die Kindheit verbrachte er bis zum 1. Weltkrieg in den Dörfern zwischen Pruth und Czeremosch. Dann folgten Flucht, der Tod des Vaters, völlige Verarmung; danach Wanderjahre auf Arbeitssuche, später Nazilager, dann zehn Jahre Gulag aus politischen Gründen; danach, im volksrepublikanischen Bukarest, weiterhin nur eingeschränkte Freiheit und erneute Bedrohung. Darum Flucht in den Westen. Das bedeutete für ihn: in die Fremde.

Auch im modernen Literaturbetrieb ein Fremder, lebte er zurückgezogen in einem Dorf im Hochschwarzwald. 92-jährig erblindete er plötzlich und starb sieben Jahre später, am 17. Mai 2003.

Im vorliegenden Band erzählt der junge Rosenkranz seine Erlebnisse auf seiner Wanderschaft in den 20er Jahren auf der Suche nach Arbeit. Über die Stationen Krakau, Triest, Bukarest, Wien, Passau, München, Kehl am Rhein, Straßburg und Paris gelangte er bis Blois an der Loire. Die Zeit in Frankreich verbrachte er hauptsächlich zusammen mit einer Freundin und dem gemeinsamen Kind. Am Ende gehen sie wieder in die Bukowina zurück.

Eros Ionen

Die Künstler der Renaissance und später des Barock haben den toten Körper geöffnet, um Wesen und Physiognomie des Menschen zu sezieren in Bild und Gestalt. Nach diesem Muster verfährt Frank Schablewski heute mit der Sprache. Er hat allerdings mit dem Motiv und der Motivation das Reich des Thanatos mit dem des Eros getauscht. Die Gedichte seines neuen Buches Eros Ionen bestehen aus Schlüsselwörtern, mit denen Liebende sich zu erkennen geben.

Die Idee zu diesem Buch entstand im vergangenen Jahr während eines Stipendiums im Künstlerdorf Schöppingen bei Münster.

Dieses Jahr erhält der 1965 in Hannover geborene Autor den Förderpreis der Landeshauptstadt Düsseldorf.

LTB 035 – Aus weißen Hallen

RTB 022/023 – Café Moka

Café Moka, das sind 114 Abschnitte mit Notizen zum Alltag in Agadir, mit Märchen aus 1001 Nacht, Taxifahrten, dem Platz der Gehenkten in Marrakesch, Geschichten aus der Zeit nach dem Paradies, Gedanken zum Koran, Ansichten zur arabischen Welt.

HB Bd. 02 – Verweilen, gehen

Vierzeiler aber wollen nicht repräsentieren, nicht ihren Autor, nicht einmal sich selbst. Es sind keine anerkannten lyrischen Kunstformen, keine Haikus, keine Tankas. Sind es überhaupt Gedichte? Oder sind es Aufzeichnungen, wie sie Bender sonst auch geschrieben hat? Deren Ideal hat Bender in dem Satz gefaßt: «Einige Sätze, die etwas komprimieren und konzentrieren.» Hier in den Vierzeilern wird nicht einmal das mehr versucht: die Substanz, die zu komprimieren und zu konzentrieren wäre, ist Hauch geworden, Duft: etwas, das immer noch Sprache anlockt, Sprache, die zum Menschen gehört. «Nun kommt / ihr summenden Wörter!»

Harald Hartung

RTB 028 – Begegnung mit Samuel Beckett in Berlin