Warum wir sterben müssen

Nach «Vor der Natur» (2001) und «Die Wiedereinführung der Sprichwörter» (2009) legt Reinhard Kiefer nun den dritten Band seines «Satzbaus» vor. Der Begriff «Satzbau» erinnert nicht zufällig an Schwitters «Merzbau». Wie dieser ist Kiefers «Satzbau» geprägt vom Prinzip der Collage: Absicht und Zufall treffen aufeinander. Zitate, Geschichten, Aufzeichnungen und Reflektionen umspielen in denkbar weitem Rahmen die Frage «Warum wir sterben müssen».

 

Helmut Käutner. Cineast und Pazifist

Über Helmut Käutner ist seit seinem 100. Geburtstag einiges Interessante veröffentlicht worden, aber immer nur in Teilaspekten. Eine Darstellung seines filmischen Gesamtkunstwerkes ist bislang ausgeblieben und wird hiermit in knappster Form vorgelegt. Eine umfangreiche Sammlung von Autogrammkarten, Kinoplakaten, Aushang- , Presse- und Privatfotos soll eine längst vergangene Kinowelt näher bringen.

“Im neuen Buch „Helmut Käutner – Cineast und Pazifist“ von Bernhard Albers gibt es ein Wiedersehen mit Kitty. Und mit all den anderen Figuren, die Helmut Käutner in seiner langen Schaffenszeit selbst erfand oder aus der Literatur entlehnte, um sie vor der Kamera lebendig werden zu lassen. Aus unzähligen Filmbildern, Kinoplakaten, Setfotos hat Albers den gesamten Werdegang Käutners akribisch zusammengetragen. So blättert man durch den Bilderbogen eines Schauspieler- und Regisseurlebens, in dessen Verlauf berühmte Werke entstanden wie „Große Freiheit Nr. 7“, „Unter den Brücken“, „Des Teufels General“ oder „Der Hauptmann von Köpenick“. Doch ist das Buch keine beliebige Sammlung nostalgischer Bilder mit Schauspielern wie Marianne Hoppe, Hans Albers, Erich Ponto und wie sie alle hießen. Bernhard Albers verfolgt eine These in seiner Bilderbiografie, untersucht, wie Käutner seine pazifistische Haltung in seine Filme einarbeitete. Auch in jene, die während der Nazizeit entstanden und nicht verboten wurden.” – Dorothee Krings in der Rheinischen Post, 10. Januar 2019

RTB 109 – Anfänge sind schön. Briefwechsel mit Hermann Lenz

Vier Jahrzehnte lang, von 1953 bis 1994, haben sie sich Briefe geschrieben: Hans Bender und Hermann Lenz. Beide standen am Beginn ihrer literarischen Karriere. Das Besondere an dieser Korrespondenz: der eine, Hans Bender, war nicht nur Autor, er war auch von Anfang an Herausgeber, zunächst von Literaturzeitschriften, und er wollte Schriftsteller fördern, die er schätzte und von denen er glaubte, sie ständen zu Unrecht im Schatten. Zu ihnen gehörte von Anfang an Hermann Lenz. Der dankt es ihm mit Briefen, die Hans Bender besonders erfreuten, sah er sich doch nicht nur als Förderer und Herausgeber angesprochen, sondern als Schriftstellerkollege, dessen Kurzgeschichten Hermann Lenz bewunderte. So ist dieser Briefwechsel auch ein Dokument über die frühen Jahre zweier Schriftsteller, die längst ihren Platz in der deutschen Literaturgeschichte gefunden haben.

 

Der WDR veröffentlichte am 27. März 2019 eine Rezension von Hermann Wallmann.

WDR Mosaik brachte am 29. März 2019 den Beitrag von Hermann Wallmann.

LTB 119 – vom wort zum haus

«mein auge / ein pilger außerhalb der zeit / widersteht dem fluß der tage / dem licht / und seinen brechungen»

– so schließt eines der in diesem Band versammelten Gedichte von SAID. Die Skepsis, die sich in diesen Versen andeutet, hat ein doppeltes Fundament. Sie fußt einerseits auf der jahrzehntelangen Exil-Erfahrung ihres Autors und dem damit verbundenen Verlust ursprünglicher Heimat, andererseits aber nicht minder auf dessen tiefgreifender Verinnerlichung der Traditionen literarischer Moderne. Vor diesem Hintergrund entfaltet diese Dichtung eine originäre Modernität, ohne sich an die Allüren des Zeitgeistes zu verlieren.

Gewiss ist die erzwungene Heimatlosigkeit – wie auch bei anderen wichtigen Dichtungen seit dem Aufkeimen der Totalitarismen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – eine prägende Voraussetzung dieser Poeme. Dass ihnen aber jede Larmoyanz und Sentimentalität fehlt, verdankt sich der genauen, fast meditativen Öffnung dieses Dichters für all das, was sich dem poetischen Auge darbietet.

In konzentrierten, lakonischen und zugleich hochkomplexen Gedichten, die untereinander ein vielfältiges Netz von Anspielungen aufweisen, entstehen poetische Bilder, die die Wirklichkeit überraschend neu sehen lassen – nicht nur die Wirklichkeit des Exilanten zwischen Orient und Okzident, sondern, mehr noch, die unserer eigenen Welt mit all ihren Rissen und Brüchen.

Freilich gelingt dies, weil diese Dichtung nicht urteilt. In seiner Dankesrede zur Verleihung des Friedrich-Rückert-Preises 2016 hat SAID sein poetisches Programm unter Bezugnahme auf Rückert umrissen: «keine vergleiche, keine bewertung. nur verstehen, um die schönheit zu finden, die die menschen verbindet.»

Die Gedichte von SAID gleichen Pilgerfahrten auf der Suche nach Heimstatt. Gegen die Zurichtungsformen der menschlichen Vernunft setzt SAID das freischwebende Wort. Dabei erweisen sich Bewegung und das Bewegende als Grundkonstituenten, die der klirrenden Statik herrschender Rationalitätsmechanismen entgegenzusetzen sind. Sympathie zeigen diese Gedichte für alles Randständige und Ausgegrenzte, für die unverstellte Kreatur, für alles, was sich den oberflächlichen Verfestigungen widersetzt. Und an diesen Rändern kann selbst das Metaphysische aufscheinen, als eine denkbare Wohnstatt für den Menschen.

Anlässlich eines Interviews mit dem «ZEIT-Magazin» hat SAID einmal betont, seine eigentliche Heimstatt sei die deutsche Sprache. In seinen hier versammelten Gedichten wird die Sprache tatsächlich «vom wort zum haus».

Christoph Leisten

Seher-Briefe

Arthur Rimbaud

Werke im Rimbaud Verlag

Band 1: Das Trunkene Schiff. Gedichte übertragen von Thomas Eichhorn; 5. Auflage 2010.

Band 2: O Zeiten, o Schlösser. Gedichte frz. dt. übertragen von Thomas Eichhorn; 1992.

Band 3: Ein Aufenthalt in der Hölle. Übertragen von Thomas Eichhorn; 2001.

Band 4: Leuchtende Bilder. Gedichte frz. dt. übertragen von Reinhard Kiefer und Ulrich Prill mit Anmerkungen von Claude Jeancolas und einem Text von Michel Butor; 2. Auflage 2016.

Île d’Ouessant

Jean Krier, geboren 1949 in Luxemburg, studierte Germanistik und Anglistik in Freiburg im Breisgau. Er veröffentlichte zahlreich in Literaturzeitschriften (u. a. Akzente, manuskripte, Sprache im technischen Zeitalter), sowie in Rundfunksendungen.
Krier starb 2013 in Freiburg im Breisgau.

beer-sheva

eines

bettlers sternenaussatz

das

blaue licht seiner füsse

der

maulbeerbaum seiner stirn

weisse tiere rings um beersheva

frau martita jöhr zu weihnachten 1963

 

Celan Studien (Neue Folge) 06 – Der Celan-Mythos

Leben die Bücher bald? – Friedrich Hölderlin

“Die Landschaft, aus der ich zu Ihnen komme, dürfte den meisten von Ihnen unbekannt sein”, erklärte Celan bei der Entgegenahme des Literaturpreises der Freien Hansestadt Bremen. “Es ist die Landschaft, in der ein nicht unbeträchtlicher Teil jener chassidischen Geschichten zu Hause war, die Martin Buber uns allen auf Deutsch wiedererzählt hat. Es war eine Gegend, in der Menschen und Bücher lebten.”

LTB 120 – Gedichte

Die Halbinsel

Zwei Fischer ziehn das Netz aus dem Gewässer. /
Den Raben ist die Stille nicht geheuer. /
Der Knabe schürt das schwache Reisigfeuer /
und wetzt am Stein sein Taschenmesser. /

Im Knieholz rührt der Wind die Haselruten, /
das sachte Wehen, wo begann es? /
Der toten Fische Kiemen bluten. /
Die Männer heißen Simon und Johannes.

 

HAH Bd. 19 – Heimsucht Fernweh

Signaturen, Forum für autonome Poesie, veröffentlichte unter dem Titel «aber wie ferne ist gestern/ wie kurz wird/ morgen» eine Rezension von Timo Brandt.